12Juli
2013

Von Drachen und Bergen

Ausblick mit Leiter im Vordergrund

Ich hatte im letzten Beitrag schon erwähnt, dass wir im Amphitheatre Backpackers untergekommen waren. Das ist ein super Hostel, darüber lässt sich nicht streiten. Gut, es ist sicherlich das Einzige weit und breit, was aber einfach daran liegt, dass Leute, die im Besitz von Land sind, dieses nicht so leicht heraus rücken. Sprich, man braucht die ein oder andere Beziehung und dann noch eine große Portion Glück, wenn man ein solches Projekt auf die Beine stellen will. Den Inhabern des Amphitheatre ist das vor 12 Jahren gelungen, und sie haben sich auf die Fahne geschrieben, eine Basis für Freiluftliebende zu stellen, egal ob im Camper, im Zelt oder in den Zimmern. Die Zimmer sind wunderbar, denn sie haben sogar eine Heizung – das ist in Südafrika nicht selbstverständlich und spätestens in den Bergen wird es im Winter in den Nächten empfindlich kalt. Da will man gern mehr haben als nur eine zusätzliche Decke.

Hinzu kommt, dass das Hostel sehr gutes Essen anbietet, man braucht also abends nicht mal auf die Suche zu gehen. Ohne Auto ist das auch nicht wirklich möglich. Das ist also der einzige Nachteil des Amphitheatre. Entweder man ist selbst mobil oder man ist auf die angebotenen Ausflüge angewiesen. Die Frage, wie man dann dort hin kommt, wenn man kein Auto hat, ist trotzdem leicht zu beantworten: In Südafrika ist BazBus unterwegs. Die fahren zu sehr günstigen Preisen von A nach B und ihre Stopps sind die Unterkünfte. Man kann natürlich auch mutig mit den lokalen Bussen fahren. Das sind, wie in Kolumbien schon, Kleinbusse (ich schwöre, Toyota hat Südafrika klammheimlich übernommen), die offenbar von den Fahrern nur gemietet werden. Sie sind immer, zumindest von außen, blitzblank, denn Busputzen ist einmal am Tag normal. Er muss ja gut aussehen. Ansonsten scheint das System ganz einfach zu sein: Man steht am Straßenrand und winkt, wird eingeladen und in etwa da wieder rausgeworfen, wo man hin will. Der Busfahrer fragt natürlich vorher, denn wenn es nicht auf seiner Strecke liegt, muss man eben auf den Nächsten warten.

Man braucht jedoch keine Sorgen haben, dass man mal nicht mitgenommen wird, auch wenn der Bus eigentlich zum gewünschten Ziel fährt. Ein Bus ist nie voll. Es passt mindestens noch eine weitere Person rein. Diese Regel funktioniert auch noch, wenn die laut Hersteller sicherlich irgendwo festgehaltene maximale Personenzahl lange überschritten ist. Auch Kisten, Kartons, Hühner, Reissäcke oder was auch immer man mitnimmt, passt auf jeden Fall rein. Ganz egal, ob die vier Meter langen Bretter vertikal aus dem Fahrerfenster herausragen. Also wer Abenteuer mag, der kann es gern ausprobieren. Es soll eine sehr billige Reisevariante sein. :)

Robert und mich betraf das ja nicht. Wir waren mit unserem Auto sehr mobil. Trotzdem haben wir auch den zweiten Tag im Amphitheatre eine ihrer Touren in Anspruch genommen, weil sie genau dorthin ging, wo wir sowieso hinwollten: Auf das Amphitheatre selbst. Das ist nämlich eine bestimmte Formation in den Drakensbergen. Drakensberge ist übrigens Afrikaans und bedeutet Drachenberge. :)

Der Anfahrtsweg ist leider fast zwei Stunden pro Richtung, aber es lohnt sich auf jeden Fall. Der Weg ist ganz gut zu finden, abgesehen von einer mit Steinen überladenen kleinen Rinne , die man hinauf muss. Das wird dann schon wieder haarig. Es haben aber alle geschafft, der eine braucht eben ein bisschen länger als der andere, aber das ist ja auch egal. Die 72-jährige Japanerin in unserer Gruppe jedenfalls hat es auch geschafft. Hut ab! Aber wer mit 62 noch zum Base Camp des Mount Everest gelaufen ist, der zählt schätzungsweise als sehr fit.

Die Ausblicke vom Amphitheatre sind toll. Es geht 1000 Meter in die Tiefe und wenn das Wetter nicht ganz so diesig ist, kann man auch erstaunlich weit schauen. Leider wird viel der Graslandschaft abgebrannt, was für ordentlich Rußpartikel in der Luft sorgt. Sämtliche Brände sind kontrolliert gelegt und sollen unkontrollierte Buschfeuer verhindern. Nun ja, ich finde, man kann es aber auch übertreiben.

Erster Ausblick aus die Umgebung Rußpartikel überall - leider Die gerade Linie im Berg ist der Weg :) Schon irgendwie toll, oder? Die kleine Rinne, die uns zum Plateau bringen sollte Ich mit Spaß beim Klettern Robert mit Bergziege irgendwo in der Ahnenliste... Oben! Und ja, da geht es höllisch steil runter. Mittag am Rande des Abgrundes

Wie dem auch sei, man ist gleich auch noch beim zweithöchsten Wasserfall der Welt, dem Tugela Falls, und kann zuschauen, wie er sich über die Kante stürzt. Sicherlich ist er im Sommer nach dem Regen beeindruckender, aber auch der höchste Wasserfall der Welt, Angel Falls in Venezuela, ist nur ein kleines Rinnsaal, was sich fast 1000 Meter in die Tiefe stürzt. Letzteren kann man auch nur vom Flugzeug aus anschauen.

Frei wie ein Vogel - im wörtlichen Sinnen Ein Blick auf das andere Ende des Amphitheatres Der Tugela, der sich zur Kante schlängelt Und hier stürzt er in die Tiefe - niedlich. ;) Runter kommt man nur über abenteuerliche Leitern Ja, sie können schwingen Ohne Worte. Ein letzter Ausblick bevor wir wieder in den Bus mussten

Aber zurück nach Südafrika! Nach diesem Tag auf dem Amphitheatre hatten wir beschlossen, dass wir uns den Tugela Falls auch mal von unten anschauen wollten. Wir wussten, es gibt einen Wanderweg dorthin, also sind wir in den Royal Natal & Rugged Glen National Park, der eine halbe Stunde entfernt ist, gefahren und sind auf die 14km-lange Tour gegangen. Eine kostenlose Karte gab's am Eingang. An sich ist der Wanderweg sehr entspannt. Auf der Wanderkarte findet sich irgendwann der kleine Vermerk: Boulder Hopping. Auf der Leihkarte vom Hostel (die haben zu fast allen Nationalparks der Umgebung die entsprechenden Karten, so dass man sich die nicht kaufen braucht, wenn es keine kostenlose gibt, was leider meistens der Fall ist) stand sogar ein kleines „go as far as you dare“ - „Geh so weit wie du dich traust.“ Gut, wer weiß schon, was einem das sagen soll.

Die Antwort bekamen wir nach 6,4km. Hier schien der Weg einfach zu Ende zu sein und man landete plötzlich im Flussbett. Und das mit einer Kletterei, die selbst mit kleinem Tagesrucksack schon interessant ist. Soweit so gut. Danach lernten wir dann auch, was Boulder Hopping bedeutete. Klar, von Bouldern (freies Klettern bis in etwa in eine Höhe von 5m an entsprechenden Kletterwänden zum Training für's richtige Klettern) hatte ich schon gehört – ich kenne aber auch Leute, die das in ihrer Freizeit machen. Boulder Hopping ist die etwas andere Variante. Man kann es wörtlich nehmen, denn man hüpft von Gesteinsbrocken zu Gesteinsbrocken. Und zwar soweit, wie man es sich zutraut. In unserem Fall hieß dass, dass wir immer noch einen Kilometer vom Fuß des Wasserfalls entfernt waren, als wir aufgaben und umkehrten. Die meisten kommen offensichtlich schon gar nicht so weit. Trotzdem lohnt sich der Wanderweg. Man kann ja selbst entscheiden, wann man umdreht und auch die 6,4km pro Richtung reichen schon, um sich die Gegend anzuschauen.

Das Amphitheatre Es gibt tatsächlich grün in Südafrika Strickleitern sind sehr beliebt... Ja, das IST der Weg Mut, Fittness und ein bisschen Wahnsinn sind Voraussetzung Auch abwärts war das Vergnügen ein zweifelhaftes Da, wo der weiße Punkt ist, ist der Tugela Fall Boulder Hopping wir kommen! Beweisfoto Ein letzter Blick auf das Flussbett des Tugela Rivers

Der nächste Tag führte uns ins Champagne Valley, genauer in das Cathedral Peak Mountain Reserve. Unser Südafrikabuch hatte uns verraten, dass man auf den Cathedral Peak hinauf kann. Also wollten wir das gern machen. Zum Glück hatten wir vorher mit der Chefin des Amphitheatres gesprochen, denn um wirklich auf die Bergspitze zu kommen, braucht man eigentlich den ganzen Tag und einen weiteren um wieder runter zu kommen. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass man für alle Fälle das ein oder andere an Kletterausrüstung dabei haben sollte und am #besten einen Guide und Zelte und Notproviant und und und. Äh, nein danke? Kletterfreund bin ich leider nicht und mein Bruder auch nicht. Abgesehen davon ist Cathedral Peak gerade im Winter für seine Wetterumschwünge berüchtigt. Es saßen schon Leute vier Tage oben fest und als sie endlich runter konnten und sie letztlich im Amphitheatre wieder eintrafen, war es nachts um 2 Uhr.

Das reichte uns, um uns gegen die Tour zu entscheiden. Es gibt in der Gegend aber auch noch genügend andere Wanderwege. Der, für den wir uns entschieden haben, ist der Mhlwazini / Ndedema Hike. Im ersten Teil folgt er dem Gipfelweg zu Cathedral Peak, biegt dann aber ab und verläuft auf der Höhe (Contour Path). Gefunden haben wir das auch alles, aber der Querweg hatte es in sich. Prinzipiell wieder sehr leicht zu laufen, aber die Krux kam leider früher als später als wir an der einen oder anderen Stelle einfach nicht mehr wussten, wo der Weg war. Offensichtlich laufen nicht besonders häufig Leute genau dort entlang. Und alle vor uns schienen dasselbe Problem an den selben Stellen zu haben. Letztlich gab es viele kleine Trampelpfade und wie das immer so ist, hat man eine hundert Prozent Chance den falschen zu nehmen... Das Ende vom Lied war dann, dass wir an mehr als einer Stelle mutig entweder die Hänge hinauf oder aber hinunter gekraxelt sind. Was waren wir doch dankbar für unsere Wanderstöcke.

Fazit: Die Region ist beeindruckend. Die Ausblicke wirklich atemberaubend und der eine oder andere Pavian schaut auch mal mit seiner Familie vorbei. Wenn man auf Sonne sowie auf etwas kältere Temperaturen eingestellt ist, dann ist zumindest im Winter das Wandern sehr angenehm. Man muss allerdings schon ein bisschen fitter sein, da die Höhenmeter nicht zu unterschätzen sind. Nicht zum ersten Mal habe ich mich gefragt, warum mein Bruder mit einer Bergziege verwandt ist, ich aber mit einem asthmatischen Staubsauger...

Die Zeitangaben auf der Wanderkarte aus dem Amphtitheatre sind auch mit Vorsicht zu genießen. Vier Stunden waren angegeben, gebraucht haben wir über sechs. Distanzangaben hätten uns mehr geholfen.

Hochplateau, auch wenn es nicht so aussieht Seht ihr den Drachen? Kammwege sind toll Auch hier gab es wieder einige grüne Tupfen

Für den nächsten Tag hatten wir uns dann etwas weniger Anstrengendes heraus gesucht: Die Drakensberg Canopy Tour. Hier wird man mit einem Klettergürtel versehen und dann in eine kleine Schlucht gefahren, in der man dann von Plattform zu Plattform mit Hilfe einer Zipline segeln kann. Insgesamt zwölf Ziplines gibt es hier und man ist schon einige Stunden beschäftigt, weil man ja auf die anderen Gruppenmitglieder warten muss. Es ist eine witzige Angelegenheit, aber nach zwölf solcher kleinen oder auch größeren „Flüge“ (die längste Zipline ist 179m), reicht es dann auch.

Wieder im Amphitheatre angekommen, haben wir uns mal wieder mit der Inhaberin unterhalten, da wir nach fünf Nächten und einer weiteren in Planung fast schon Stammgäste waren. Es stellte sich heraus, dass, wenn man schon sechs Nächte da war, die siebte kostenlos ist. Hm, was jetzt? Eigentlich hatten wir alles durch, was wir uns anschauen wollten, aber einmal keine Unterkunft bezahlen, ist natürlich auch nicht verkehrt. Folglich haben wir noch eine Nacht dran gehängt. Wenn man bedenkt, dass wir anfangs nur eine Nacht gebucht hatten, ist es schon erstaunlich, wie leicht man an Orten, die einem gefallen, hängen bleiben kann. :)

Für unseren letzten Tag suchten wir uns dann Monk's Cowl aus. Auch das war in etwa eine Stunde vom Amphitheatre mit dem Auto entfernt (wie eigentlich alles bis auf den Royal Natal). Wie schon in den anderen Nationalparks gibt es auch hier viele verschiedene Wanderwege (die man alle auf der kostenlosen Karte findet). Da, wie an anderer Stelle schon mal erwähnt, zur Zeit viel abgebrannt wird, können manche Wanderwege auch gesperrt sein. In unserem Fall betraf das Nandi Falls, wo wir eigentlich hin wollten, aber na ja, es gab genügend Ausweichmöglichkeiten. Also begaben wir uns zu den Sterkspruit Falls und den Pools, was eine kleine Runde von 2,5km ist. Nach einer Stunde waren wir am Ausgangsort und konnten sogar behaupten, einige Antilopen gesehen zu haben. Danach haben wir die nächste Runde in Angriff genommen. Erst ging es zu The Sphinx, von dort weiter bis fast zu Blindman's Corner und dann über den Keartland's Pass zurück. Die Strecke umfasst etwas über 11km und wir sind sie in erstaunlichen drei Stunden gelaufen – inklusive Mittagspause.

Auch diese Wandergegend ist echt schön, hat aber gewaltig Höhenmeter zu bieten. Wen das nicht stört, der hat eine schöne Auswahl an Strecken, mit denen man auch mehr als einen Tag füllen kann.

Panorama in Monk's Cowl Und wieder einb paar Höhenmeter... Nur fliegen ist schöner ;) Abschied von einer tollen Wanderregion

Zurück im Amphithearte haben wir dann doch mal angefangen unsere sieben Sachen zu packen, damit wir am nächsten Tag weiter ziehen können. Auch wenn wir dem Amphitheatre Aufwiedersehen sagen, so heißt das noch lange nicht, dass das auch für die Drakensberge gilt. Die umfassen nämlich gefühlt halb Südafrika. Wir haben in den nördlichen Drakensbergen begonnen und werden uns jetzt weiter Richtung Süden begeben und zwar immer an der Ostgrenze Lesothos entlang. Unser nächstes Ziel ist Giant's Castle.

Vorher jedoch ging es noch zum Frühstück in unser Lieblingslokal. Dazu muss ich ein bisschen weiter ausholen. Nachdem sich das Abendmenü im Hostel wiederholte, beschlossen wir, dass wir doch mal schauen könnten, was Bergville an Restaurants zu bieten hat. Ergebnis: nicht viele, aber ein ganz tolles ist dabei. Dieses geht unter dem Namen Bingelela und liegt etwa zwei Kilometer außerhalb von Bergville Richtung Amphitheatre Backpackers. Dieser Zufallsfund unsererseits begleitete uns mehrere Abende, da das Essen ausgezeichnet ist (höchstpersönlich von der kreativen Chefin zusammengestellt und zwar jedes einzelne Gericht) und zu wirklich günstigen Preisen angeboten wird. Abgesehen davon ist es immer wieder schön, wenn man die Belegschaft erheitern kann, wenn sie einen immer wieder sieht und dann schon kennt und weiß, dass man doch gern direkt neben dem Kaminfeuer sitzen möchte. Frühstück haben sie auch im Angebot, aber uns fehlte noch Nachtisch in der Sammlung, also haben wir das zum Frühstück bestellt – sehr zur Belustigung der Angestellten. :)

Aber genug davon! Auf nach Giant's Castle!

Wolken und Lichtspiele, davon haben die Drakensberge mehr als genug (Cathedral Peak)