06Juli
2013

Lesotho – Königreich im Himmel

Flagge Lesothos

Wie schon angedeutet, ging es nach Bergville, auch wenn ich besser sagen sollte, etwa 20km davon entfernt mitten ins Nirgendwo. Da befindet sich nämlich das Amphitheatre Backpackers (später mehr dazu). Kaum waren wir nach knapp drei Stunden Fahrt über gute Autobahnen, die alle mautpflichtig sind, sowie einem sehr interessanten Abschnitt der R74 (Schotterstraße und das seit fünf Jahren, weil irgendjemand das Geld genommen und einfach damit abgehauen ist...), wurde uns auch schon die gesamte Palette der Aktivitäten dort unterbreitet. Und warum auch nicht? Klar, wir wollten wandern, aber wo genau, das war uns auch nicht ganz klar. :)

Damit entschieden wir recht schnell, dass wir uns gleich am nächsten Tag mit der Tour nach Lesotho begeben würden. Der Reiseführer hatte uns schon darauf hingewiesen, dass es zwei kleinere Länder gibt, die entweder ganz oder zu einem Gutteil von Südafrika umschlossen sind: Lesotho und Swaziland. Weiterhin wussten wir, dass Lesotho als das höchste Land der Welt gilt. Ja, in der Tat, nicht etwa Tibet oder Nepal, auch wenn dort die höchsten Gipfel der Erde liegen. Der Grund, warum Lesotho diesen Titel hat, ist die Tatsache, dass der tiefste Punkt höher als der tiefste Punkt in all diesen Ländern liegt. Nichts in Lesotho liegt unter 1400m. Daher auch der Name Königreich im Himmel oder Königreich in den Bergen.

Unsere Tour brachte uns über eine unscheinbare Schotterstraße, die irgendwo durch einen Ort geht und nicht beschildert ist, zum Monatsa Pass. Hier bekamen wir den Ausreisestempel von Südafrika und dann ging die Fahrt weiter über eine nigelnagelneue Straße durchs Niemandsland bis zu dem Punkt, an dem wohl mal die Blechhütte mit dem Grenzposten von Lesotho stand – die wurde jedoch irgendwann mal weggeweht, weswegen es einfach mal keinen Stempel im Reisepass gibt. Das ist übrigends Allgemeinwissen in Lesotho, weswegen es keine Probleme an allen anderen Posten gibt, wenn man keinen Einreisestempel vorzuweisen hat...

Kaum war dieser Punkt erreicht, ging die Schotterstraße wieder los. Nun ja, ich sollte es wohl eher Feldweg nennen, denn abenteuerlich ist schon ein zu nettes Wort. Wir wurden durch unseren Guide Adrian jedoch schnell darauf aufmerksam gemacht, dass solche Straßen in diesem Teil des Landes ganz normal seien und alle Autos, die hierher kommen oder auch den Einheimischen gehören (was sehr wenige sind), Allradantrieb haben. Unser Touristengefährt natürlich nicht. Wo kämen wir denn da hin?

Der erste Halt war ein kleines Dorf, das eine besondere Beziehung zum Amphitheatre Backpackers hat, da einige der Schulgebäude durch sie gestiftet worden sind. Abgesehen davon sind sie die Einzigen, die Touristen in diese Region bringen dürfen. Die Guides sind auch so pfiffig, dass das Betteln der Kinder gleich unterbunden wird. Auch wenn es um Süßigkeiten geht. Sprich, man selbst spielt Attraktion für die Kleinen, die einen mit großen Augen anschauen und auch mal mutig ungefragt die Hand nehmen. Fotografieren ist auch kein Problem, weder von den Kindern noch von den Erwachsenen. Keiner fragt nach Geld oder Ähnlichem. Das ist unglaublich angenehm, aber ungewohnt.

Schule mit Blick auf die Berge Unglaubliche Landschaft Die zwei Jungs haben uns die ganze Zeit begleitet Noch mehr Landschaft Typische Deckenmode

Nach einigen Infos zur Bevölkerung, zum Schulwesen, zur Regierung und Geschichte, ging es für uns Richtung einiger Höhlen mit alten Sanmalereien. Diese sind hier natürlich nicht geschützt, aber auch hier leisten die Guides gute Arbeit, indem den Kindern sofort gesagt wird, dass man an solchen Wänden nicht herum kritzelt und auch nicht Drei Gewinnt spielt.

Weiter ging es zu einem ganz normalen Haus, wo jedoch immer frisch gebrautes Bier zu haben ist. Die Fahnen außerhalb sagen an, wo man Bier oder Essen haben kann. Das bezieht sich jedoch auf die Rinderhirten, die umher ziehen, damit diese auch in den Genuss von Essen kommen. Als Tourist kann man aber auf jeden Fall mal das Bier kosten, was wirklich nicht nach Bier schmeckt.

Nächster Halt war die Hütte eines Sangomas, eines Hexendoktors beziehungsweise Medizinmannes. Gabriel, der ansässige Sangoma hat uns seine Geschichte erzählt und dass es seine Berufung ist. Er hatte laut Eigenaussage gar keine andere Wahl. Hinzu kommt, dass es keine Ausbildung gibt. Ein Sangoma muss also einfach wissen, wie der Job funktioniert. Für mich klingt das alles ein bisschen fantastisch, aber wenn man die Auswahl an Kräutern und anderen Zutaten in den Gläsern und Dosen sieht, dann glaubt man gern, dass hier Medizin gemischt werden kann. Es gibt übrigens auch Kräuterapotheken und das nicht nur in Lesotho sondern auch in Südafrika, wo man die Heilmittel, die der Sangoma angeordnet hat, auch bekommen kann.

Die Sangomas maßen sich übrigens nicht an HIV zu kurieren oder Krebs heilen zu können. Wenn sie etwas finden, dass sie nicht behandeln können, dann verweisen sie auch an den normalen Arzt – der meist mindestens zwei Stunden entfernt ist.

Ein witziger Fakt noch: Sangomas können sich selbst nicht heilen. Sie müssen entweder zu einem anderen Sangoma oder aber einfach zum Arzt. :)

Ein Blick auf das Dorf von oben Unser kleiner Freund zeigt uns die Malereien Sanmalerei, die ein Eland darstellt Man gebe einem Kind eine professionelle Kamera Gelbe Fahne = es gibt Bier Hauptverkehrsstraße Der Sangoma Gabriel

Letzter Stopp auf unserer Tour war dann noch das Haus eines Lehrers. Hier gab es gute Hausfrauenkost zum Probieren. Klassischerweise muss man natürlich mit den Fingern essen, aber uns störte das wenig. Das Rezept wurde jedoch leider nicht verraten...

Danach ging es den holprigen Weg wieder zurück nach Südafrika und wir bekamen unseren Einreisestempel in den Pass. :)

Lesotho ist eines der ärmsten Länder der Welt. Trotzdem kommen die Leute gut klar. An Wasser mangelt es nicht, jeder hat Land zu bestellen oder Tiere zu hüten und zumindest Grundschulen gibt es nahezu überall. Selbst das Problem HIV wurde leichter und erfolgreicher angegangen als in Südafrika, trotz der augenscheinlich arg begrenzten Mittel. Das Leben ist einfach, Decken sind die vorherrschende Mode (aber nicht täuschen lassen, die Motive haben eine tiefere Bedeutung) und Gummistiefel das praktischste Schuhwerk. Es klingt vielleicht ein bisschen naiv, aber wenn die Leute mit dem zufrieden sind, was sie haben, dann sind sie eindeutig glücklich. Klar haben sie ihre Sorgen, aber es sind wenigstens keine Luxusprobleme und wenn der Fortschritt noch ein bisschen auf sich warten lässt, wird es wohl auch noch ein Weilchen so bleiben.

Typisches Rundhaus in Lesotho