Berichte von 08/2013

02August
2013

Knochen und Diamanten

Perfekt ausgestattet um unter die Erde zu gehen

Von Pilgrim's Rest bis nach Cullinan waren es etwa fünf Stunden Fahrt, da wir parallel zur mautpflichtigen Straße fuhren und damit immer wieder durch Ortschaften kamen. Das scheint der Durchschnitt zu sein, der zwischen unseren Reisezielen liegt. Nun ja, Fahren in Südafrika macht Spaß, weswegen man auch solche Distanzen auf sich nehmen kann. Natürlich wird auf der linken Seite der Straße gefahren. Das war für Robert und mich jedoch nichts Neues mehr, weil wir in Australien mehr als genug Übung bekommen hatten. Auch mit unserem kleinen Monster sind wir sehr gut klar gekommen, auch wenn es anfangs unerwartet schwer war, sich wieder an eine normale Gangschaltung zu gewöhnen. Es ist in etwa so schwer, wie sich an Automatik zu gewöhnen. Während man bei Letzterem unfreiwillig häufiger mal auf der Bremse steht, wenn man eigentlich die nicht vorhandene Kupplung treten will, so vergisst man beim normalen Auto das Schalten hin und wieder ganz. Das führt zu gequälten Motorengeräuschen oder auch mal zum schlichten Kapitulieren (sprich, der Motor geht beleidigt einfach aus).

Nach über drei Wochen in Südafrika mit ein und dem selben Auto sind solche Sachen jedoch schon lange kein Problem mehr. Man kennt alle Macken des fahrbaren Untersatzes und natürlich auch alle Vorzüge. Ein Nachteil unseres Autos war eindeutig, dass es mehr für unwegsames Gelände ausgelegt war. Da hatten wir auch nie Probleme, da man nicht besonders schwungvoll beschleunigen muss. Auf den Highways oder den zum Teil recht neuen Landstraßen sieht das natürlich anders aus. Überholen kann hier zum Abenteuer werden. Oder könnte es zumindest, wenn es nicht wirklich schöne ungeschriebene Regeln für das Miteinander unter den Autofahrern gäbe. Es gibt bei fast allen Straßen einen Standstreifen. Wenn man ein sehr langsames Auto hat, fährt man grundsätzlich dort. Wenn man ein normales Auto hat, wie wir, dann fährt man auf den Randstreifen, wenn ein anderer gern überholen würde. Es ist so also kein Problem bei durchgezogenem Mittelstrich, Gegenverkehr und Null Sicht durch eine Kurve zu überholen. Man ist jedoch darauf angewiesen, dass alle anderen mitdenken. Das funktioniert wunderbar. Und wenn man selbst überholt hat, dann bedankt man sich auch bei demjenigen, der Platz gemacht hat, und zwar mit zweimal Warnblinken. Der kann dann das „Gern geschehen.“ mit einmal Lichthupe kommunizieren. So macht Fahren wirklich Spaß. Ich wünschte, in Deutschland gäbe es solche Regeln.

Wenn wir schon beim Straßenverkehr sind: Zweispuriger Kreisverkehr oder auch Kreuzungen, bei denen einfach alle ein Stoppschild zu beachten haben und der Erste, der kommt fahren darf, egal, ob er links abbiegen will, sind auch eine witzige Erfindung. Beim ersten Mal hatte ich noch Angst, aber es halten sich wirklich alle daran. Keiner fährt einfach drüber oder beschließt, dass der Lkw viel zu langsam ist und er noch vorbei könnte. Das funktioniert übrigens auch bei zweispurigen Straßen.

Jetzt aber genug zum Fahrspaß (Großstädte sind hier übrigens ausgenommen – die sind einfach nur eine sehr unübersichtliche Katastrophe). Eigentlich sollte es ja um Cullinan gehen und warum wir uns dorthin begeben haben. Wer sich vielleicht noch an Graham vom Diamond Diggers erinnert, der weiß, dass er uns einige Tipps zum Thema Reisen gegeben hat. Er hat uns auch von der Cullinan Diamond Mine erzählt und dass man sich diese mit einer Führung anschauen kann. Ein bisschen Recherche hierzu hatte uns dann auch davon überzeugt, dass wir das tun sollten, wenn wir schon mal in der Gegend sind.

Nachdem wir also endlich in Cullinan angekommen waren und uns eine Unterkunft im Cullinan Backpackers (ganz nett, hat ein eigenes kleines Büro für adrenalingespickte Aktivitäten und eingeschränkt funktionierendes Wifi) für die nächsten zwei Tage organisiert hatten, hieß es also sich um die erwähnte Tour zu kümmern. Hier muss man wissen, dass es zwei verschiedene Touren gibt. Die erste ist eine kleine, die nur an der Oberfläche stattfindet, die zweite ist die richtig interessante, weil sie einen bis tief unter die Erde mitnimmt. Hier gibt es zwei Anbieter. Wir waren am nächsten Tag mit Premier Diamond Tours unterwegs.

Im Fahrstuhl (wie in der Sardinenbüchse)

Die Tour war wirklich faszinierend. Anfangs bekommt man per Videopräsentation die Geschichte der Mine erzählt und kann sich ein bisschen im hauseigenen Museum umschauen. Hier sieht man einige der berühmtesten Diamanten – zumindest auf Fotos. Wer sich jetzt fragt, ob man die Cullinan Diamantenmine kennen muss: Wahrscheinlich nein, aber sie hat den größten Rohdiamanten der Welt 1905 zu Tage befördert. Der Cullinan Diamant wurde dann König Edward VII zum 66. Geburtstag überreicht. Witzigerweise wurde dieser Gigant eines Diamanten mit der normalen Post verschickt... Aus dem Cullinan Diamanten entstanden der Große und der Kleine Stern von Afrika. Diese kann man heute im Tower von London als Teil der Kronjuwelen betrachten und zwar einmal als Teil des Zepters (Großer Stern von Afrika) und als Teil der Imperial State Crown. Bis 1985 blieb der Große Stern von Afrika auch der größte geschliffene Diamant der Welt. In dem besagten Jahr wurde ein brauner Diamant ebenfalls in Cullinan gefunden, der ihn ablösen sollte. Der Namenlose Braune erhielt erst über zehn Jahre später seinen derzeitigen Namen und zwar als er zum 50. Jahrestag der Thronbesteigung dem immer noch amtierenden Thailändischen König Bhumibol Adulyadej überreicht wurde: Golden Jubilee Diamond. Heute ist er Teil des Zepters und kann im Königlichen Palast in Bangkok als Teil der Kronjuwelen bewundert werden.

Fazit: Ganz unbedeutend ist die Mine nicht. Die Tour an sich findet hauptsächlich unter Tage statt. Das bedeutet, dass man sich die schönen blauen oder weißen Anzüge anziehen darf, Gummistiefel, einen Helm, eine Grubenlampe und ein Notfallatemset bekommt; inklusive der Sicherheitsinstruktionen per Video versteht sich. Danach geht es auf 763 Meter. Wahnsinn. Und das ganze mit einem Führer, der selbst über 25 Jahre im Bergbau, davon über 15 im Diamantenbergbau tätig war. Man kann also tatsächlich jede nur erdenkliche Frage stellen und bekommt eine richtige Antwort. Abgesehen davon kennt er natürlich unter Tage so viele Leute, dass er es auch möglich machen kann, von den riesigen Maschinen, die sonst nur an einem vorbeifahren, ein Foto zu erhaschen. Es lohnt sich absolut, diese Tour mitzumachen. Wer will kann hinterher natürlich auch einen Diamanten im Laden kaufen und sich gleich fassen lassen. Da wir aber alle keine Millionäre sind, haben wir das dezent unterlassen. ;) Einziger Wermutstropfen: Man ist über fünf Stunden beschäftigt. 10.30 Uhr geht die Untergrundtour los. Wir haben in der ganzen Zeit nichts zu Essen bekommen. Wir waren also komplett verhungert. Da es aber auch keine Toiletten gibt (außer in den Notunterkünften, die nur für echte Notfälle wie Grubenunglücke sind), war das nicht unbedingt verkehrt. Jedenfalls haben wir uns dann auf die Suche nach einem Restaurant gemacht, dass nachmittags geöffnet hat und nicht direkt die Diamantenminentouristen abgreifen will. Gar nicht so leicht, aber am Ende einer Sackgasse fanden wir eine recht neue Pizzeria, die zwar leer war, aber dafür wurden wir direkt vom Eigentümer begrüßt und hatten die volle Aufmerksamkeit der Bedienung.

Den Rest des Tages haben wir versucht herauszubekommen, was man mit zu viel Zeit anfangen kann. Ganz recht. Wir hatten in unserer Planung plötzlich einen Tag zu viel. Zu einem wirklichen Ergebnis sind wir letztlich nicht gekommen, denn entweder war alles unglaublich weit weg, in der falschen Richtung oder aber in Johannesburg selbst. In das Chaos wollten wir uns aber nicht noch einmal stürzen. Folglich haben wir uns am folgenden Tag einfach zu unserem nächsten Wegpunkt begeben, genauer nach Krugersdorp. Nein, den Ort muss man auch nicht kennen, aber es ist einer von denen, die in kurzer Distanz zur Wiege der Menschheit liegen. Nach einigem Suchen nach Unterkunft, haben wir uns für das African Sky Guesthouse entschieden. Das ist ganz nett, zumindest von den Zimmern her, aber irgendwie war es trotzdem ein bisschen komisch. Nun ja, einen sicheren Stellplatz (wir waren im Großraum Pretoria und Johannesburg, da braucht man so etwas auf jeden Fall) für unser Auto hatte es jedenfalls und auch Wifi. Das musste reichen. Und uns wurde sogar der mitgebrachte Rest des Essens aus Cullinan aufgewärmt.

Da wir „viel“ zu früh dort ankamen, brauchten wir noch eine Beschäftigung. Ein sehr guter Tipp der Inhaberin unserer Unterkunft war der Walter Sisulu National Botanical Garden. Der ist riesig und wirklich schön. Man kann sich dort also auch länger aufhalten, wenn man das möchte.

Im Walter Sisulu National Botanical Garden Ein weiterer Teil des Botanischen Gartens

Auf dem Rückweg haben wir dann den Parkplatzwächter ein Stück weit mitgenommen. Hier haben wir wieder einmal feststellen können, dass es genügend Leute gibt, die einfach um jeden Preis arbeiten wollen. Sein Arbeitsweg beträgt eine Stunde pro Richtung und er muss dafür jeweils zwei Taxis nutzen, weil keine Busse fahren. Damit geht erstaunlich viel Geld von dem, was er eventuell verdient, drauf. Manchmal ist es auch ein Minusgeschäft, aber trotzdem macht er es und ist stolz darauf, überhaupt Arbeit zu haben. Wir haben ihm unser restliches Brennholz (welches wir seit Giant's Castle mit uns spazieren gefahren haben) vermacht, weil wir eh nichts mehr damit anfangen konnten.

Am nächsten Tag haben wir uns die Wiege der Menschheit angesehen. Oder besser, einen Teil davon, denn wie wir auch erst vor Ort festgestellt haben, ist die Wiege der Menschheit der Begriff für ein ziemlich großes Gebiet. Die Hauptattraktionen haben wir uns aber anschauen können. Hierzu gehört ein riesiges Museum namens Maropeng sowie die Sterkfontein Caves. In die Sterkfontein Höhlen kommt man nur mit einer Führung. Das Museum kann man sich auch ohne eine Führung anschauen, aber eigentlich ist es gewünscht, dass man sich zumindest für den ersten Teil einem Tourguide anschließt. Beide Stätten lohnen sich für einen Tagesausflug. Man lernt viel über die Geschichte des Menschen und auch über die Hominiden, sprich die Vorfahren der Menschen. Von diesen gibt es unglaublich viele Skelette im Gebiet der Wiege der Menschheit. Die berühmtesten, die hier gefunden wurden, sind Mrs. Ples (Sterkfontein Caves) und das Taung Child (Taung). Seit kurzem hat sich Little Foot hinzugesellt, da er erst Anfang diesen Jahres vollständig aus den Sterkfontein Caves ausgegraben werden konnte.

In den Sterkfontein Höhlen

Am Abend hieß es dann zum letzten Mal die Rucksäcke packen, überflüssiges Informationsmaterial entsorgen, Souvenirs und Essen verteilen. Es ist schon beeindruckend, wie man viereinhalb Monate einfach in einen Rucksack packen kann. Ein wenig seltsam fühlte ich mich schon bei dem Gedanken, dass ich wieder nach Deutschland fliege.

Das wurde auch am nächsten Tag nicht besser als wir uns zum Flughafen nach Johannesburg begeben haben. Das Abgeben unseres Autos bei Thrifty war kein Problem. Wir hatten irgendwie damit gerechnet, dass wir zwecks des neuen Reservereifens noch ein bisschen diskutieren müssten. Es ging jedoch alles problemlos über die Bühne. Nun ja, wer weiß, was eventuell im Nachgang noch kommt, aber für den Augenblick brauchen wir uns keine Sorgen mehr machen. Wir sind auch unsere Kühlbox und die Kühlakkus an eine gerade angekommene kleine Reisegruppe losgeworden. Was hätten wir auch damit im Flugzeug machen sollen? Socken kühlen? ;)

Danach musste ich mich ziemlich bald von meinem Bruder verabschieden, weil er einen Flieger hatte, der etwa fünf Stunden vor meinem abflog. Nach zwei Monaten, die wir auf engstem Raum verbracht haben, war das schon ein bisschen seltsam. Ich gebe zu, ich habe nicht erwartet, dass es so reibungslos funktionieren würde, wie es letztlich tat. Trotzdem habe ich mich sehr über Gesellschaft auf der Hälfte meiner kleinen Weltreise gefreut. Sich jetzt wieder in unterschiedliche Länder nach Hause zu begeben, erzeugte ein flaues Gefühl in meiner Magengegend.

Nun ja, nachdem ich behaupten kann, den Johannesburger Flughafen in und auswendig zu kennen, hatte ich zum Schluss sogar wieder Gesellschaft. Aus unerfindlichen Gründen hatte sich einer, der Umfragen zu Südafrika durchführt, für mich als Opfer entschieden. Ich hatte also die nächste Stunde damit zu tun, eine ganz schön umfassende Palette an Fragen zu beantworten. Es war aber eine nette Ablenkung.

Wenn ich also jetzt in den Flieger steige, der mich wieder zurück nach Hause bringen wird (ein A380!), dann bin ich mir nicht ganz sicher, was mich dort erwartet. Ich glaube aber, dass das ein ganz normales Gefühl ist. :)

Ausblick auf die Wiege der Menschheit

13August
2013

Eine Reise geht zu Ende

Nächtliches Panorama in meiner wunderschönen Heimatstadt

Ein bisschen Statistik:

138 Tage (Für alle, die sich jetzt wundern: Es waren von vornherein nur 139 und durch die Überquerung der Datumsgrenze habe ich einen weiteren Tag verloren. „In 140 Tagen um die Welt“ klang einfach besser. ;) ), 8 Länder, 20 Flüge, 6 Mietautos, knapp 10.000 Kilometer im Auto, etwa 2 Tage reine Reisezeit in Bussen, 4 Mehrtageswanderungen, mehrere hundert Kilometer zu Fuß, 70 verschiedene Unterkünfte (ich zähle das Wohnmobil als eins).

Das ist eine kleine Zusammenfassung einer Weltreise. Einer kleinen, wohlgemerkt, da ich ja nur schlappe viereinhalb Monate unterwegs war. Mit meinem straffen Zeitplan bin ich des öfteren auch mal belächelt worden. Der ein oder andere Rucksacktourist hat diese Zeitspanne in einem Land verbracht oder aber zumindest auf einem Kontinent. Nun ja, ich habe nie behauptet, dass ich mir die einfachste Version ausgesucht habe, aber Fakt ist, dass ich es jederzeit wieder genauso machen würde. Ja, ich hoffe aus meinem kleinen Kapitel „Pleiten, Pech und Pannen“ am Anfang gelernt zu haben und so etwas vermeiden zu können, aber ansonsten würde ich nichts ändern wollen. Vielleicht wenige Details, aber das Gesamtbild bleibt.

Ich bin froh, diese Reise angetreten zu haben. Ich habe viele Leute kennen gelernt, viele wunderschöne Orte dieser Welt gesehen und ein bisschen Freiheit und Grenzenlosigkeit geschnuppert. Wenn ich vorher schon reisebegeistert war, so ist es durch meine ganzen Erfahrungen nicht weniger sondern eher noch mehr geworden. Für einige Sachen würde ich mir mehr Zeit nehmen, andere überspringen, aber letztlich macht es ungemein Spaß, unabhängig durch die Welt zu ziehen und das zu tun, was man selbst möchte. Es gibt keinen vorgeschriebenen Plan, keine Pauschalreise, keine 52-Mann-starke Busreisegruppe. Ja, das bedeutet Aufwand, denn man muss selbst herausfinden, was man tun und was man gesehen haben möchte. Zum Glück gibt es viele Reiseführer in den Buchhandlungen und das Internet für die Suche. Viel interessanter sind jedoch die Dinge, über die andere Reisende berichten, Tipps, die sie geben, und Ideen, die sie einem in den Kopf setzen können. Spontanität ist sicherlich wichtig, aber nicht notwendig, wie ich anhand von Australien lernen konnte. Südafrika war ja das genaue Gegenteil, was aber auch nicht verkehrt war.

Wenn mich jemand fragt, wo ich noch einmal hin reisen möchte, so sage ich „überall“. Gut, auf Panama Stadt und Neukaledonien kann ich leicht verzichten, aber alle anderen Länder halten noch so viele Wunder bereit, dass ich keine Einwände hätte, sie nochmals zu besuchen. Wenn ich wählen müsste, wäre Neuseeland Wunsch Nummer Eins, dicht gefolgt von Kolumbien. Warum? Einfach weil beide Länder noch so viele landschaftliche Sehenswürdigkeiten haben, dass ich sie wirklich gern sehen würde. Problematisch wird das Ganze nur, wenn man bedenkt, wie viele Länder diese Welt noch hat. :)

Eines davon ist bekanntlich Deutschland und dahin hat es mich jetzt verschlagen. Mein Rückflug kam nicht unerwartet, aber die Ankunft war trotzdem unwirklich. Zum einen hat es mich wirklich fertig gemacht nach zehn Stunden Flug um 5 Uhr morgens gesagt zu bekommen, dass es in Frankfurt schon 26°C seien und die Tagestemperatur irgendwo knapp unter 40°C liegen sollte. Ich hatte also innerhalb kürzester Zeit ein T-Shirt, eine kurze Hose und meine Sandaletten an (man beachte, in Südafrika war es mittlerweile tiefster Winter, also verdammt kalt). Zum anderen sprachen nun wirklich fast alle Personen um mich herum Deutsch. Nach über vier Monaten in Ländern, deren Amtssprache alles andere als Deutsch ist, wird es auch nicht leichter, wenn man zwei davon mit seinem Bruder gereist ist. Man denkt eher in Englisch (in Südamerika Spanisch) und geht automatisch davon aus, dass einen die Umstehenden nicht verstehen können. Nun ja, es ist nicht das erste Mal, dass ich so etwas erlebt habe und mehr als ein paar denkwürdige Stilblüten (Denglisch hallo!) bleiben später meist nicht im Gedächtnis.

Nach einer wirklich entspannten Zugfahrt wurde ich am Bahnhof von meinen Eltern in Empfang genommen. Ich habe mich wahnsinnig gefreut, sie wieder zu sehen. Ähnlich war es mit meinen Großeltern und anderen Verwandten sowie Freunden und Bekannten im Verlaufe der nächsten Tage. Mit ihnen allen hatte ich maximal per Skype oder E-Mail Kontakt.

Ich habe mein Zimmer bei meinen Eltern zu Hause wieder bezogen und festgestellt, dass es ein bisschen seltsam ist, sich dauerhaft "niederzulassen". Vorher habe ich spätestens alle zwei Tage den Ort gewechselt (Ausnahmen bestätigten hier die Regel), alle meine Habseligkeiten wieder eingepackt und ein neues Bett irgendwo anders gesucht. Jetzt konnte ich mich in mein eigenes Bett kuscheln und musste nicht wieder am Abend zusehen, dass alles abreisefertig war. Schon irgendwie eine tolle Angelegenheit.

Mein Kleiderschrank hat mich rettungslos überfordert. Ich habe eine sehr lange Zeit mit einer Hand voll Klamotten gelebt (von denen die Hälfte mittlerweile Bekanntschaft mit der Mülltonne geschlossen hat). Ich wusste, was ich wo in meinem Rucksack hatte, was ich irgendwann einmal waschen musste und somit war meine Auswahl sehr begrenzt. Jetzt stand ich vor einem richtigen Kleiderschrank mit für mich unbegreiflich vielen T-Shirts, Hosen, Röcken (Wahnsinn! So etwas habe ich?) und und und. So albern es klingt: Es ist mir sehr schwer gefallen, mir da etwas herauszusuchen.

Das war nicht das Einzige, was den Anfang irgendwie seltsam gemacht hat. Wenn man immer unterwegs ist, von einem Abenteuer zum nächsten, dann ist Stillstand ungewohnt bis zu einem Grad, dass man nicht so recht weiß, was man mit sich anfangen soll. Ja, Sachen waschen, Souvenirs verschenken, sich mit Familie und Freunden treffen, aber sonst? Wie soll es weitergehen? Hat man eine Vorstellung davon, wo man hin will?

Ich gebe gern zu, dass ich über eine Woche gebraucht habe, bis ich langsam an dem Punkt war, dass ich einen groben Plan hatte, was ich akut tun wollte und musste.

In dieser ersten Woche hatte ich natürlich mit der Hitze zu kämpfen (irgendwie kann man sich seine Haut nicht ausziehen...). Das war trotz allem kein Grund in den eiskalten Baggersee zum Abkühlen zu springen. Das haben alle anderen getan, während ich einfach nur bis über's Knie im frostigen Wasser stand. :)

Ich hatte auch mit dem normalen Straßenverkehr meine Probleme. Ein paar Tage bin ich nicht gefahren, da ich nicht wusste, ob das eine so gute Idee wäre. Für mich fuhren alle Autos auf der falschen Straßenseite. Ich saß dann letztlich auch auf der falschen Seite im Auto um selbst zu fahren und der Schalthebel war auch irgendwie nicht da, wo er hingehörte (ein verräterischer Fensterheber hatte dort Stellung bezogen). Blinker und Scheibenwischer waren natürlich auch vertauscht, was zu einigen hektischen Scheibenwischbewegungen auf trockener Windschutzscheibe geführt hat. Schlimm waren Parkplätze, weil ich hier ganz leicht auf der linken Seite fahren konnte... Abgesehen davon hätte ich in einigen Situation als Beifahrer gern "Vorsicht!" gerufen, auch wenn alles in Ordnung war. Mein von drei Monaten auf der linken Straßenseite geprägtes Gehirn sah das halt nur ein bisschen anders.

Mittlerweile geht aber auch das. Mein Kleiderschrank schüchtert mich auch nicht mehr ein und ich denke, dass ich mich wieder halbwegs an den Alltag zu Hause gewöhnt habe. Ich weiß, dass mein Bruder gar keine Wahl hatte als sofort wieder im Leben anzukommen. Bei ihm ging zwei Tage nach unserer Ankunft die Arbeit wieder los. Er scheint damit aber keine Probleme gehabt zu haben. :)

Was bleibt also noch zu sagen? Nicht viel. Ach ja, Thrifty hat sich bei uns mittlerweile auch zwecks des Ersatzreifens gemeldet. Wir durften tief in die Tasche greifen und das nicht nur für das neue Rad sondern auch für die Bearbeitung des Schadens. Nun ja, die ganze Aktion ist und bleibt ohne Worte.

Ansonsten kann ich jedem, der vom Reisen träumt, nur empfehlen, den Schritt einer großen Reise zu wagen, egal, ob allein oder nicht. Vorausgesetzt natürlich, man träumt von einer Weltreise. Die Erfahrungen, Begegnungen und Erlebnisse sind jeden Aufwand wert. Das ist jedenfalls meine Meinung. Wenn ich mich an all die Gespräche mit anderen Reisenden erinnere, so geht es offensichtlich auch den meisten so, wenn sie erst einmal die große Freiheit der Welt geschnuppert haben. :)

Für mich jedenfalls war es eine absolut tolle Erfahrung. Ich freue mich darauf, vielleicht irgendwann wieder eine Weltreise anzutreten. Bis dahin heißt es jedoch im normalen Leben Fuß zu fassen und zu schauen, was es dort zu entdecken gibt. ;)

In diesem Sinne möchte ich mich bei allen bedanken, die mich vor und während meiner Reise unterstützt haben, hier insbesondere meine Eltern und mein Bruder. Ich möchte auch meinen Dank an alle aussprechen, die es tatsächlich bis hierhin geschafft haben zu lesen. Da dieser Blog mehr oder weniger mein Reisetagebuch ist (nachdem das eigentliche in Kolumbien abhanden gekommen ist), ist er auch etwas ausführlicher geworden als anfänglich beabsichtigt. Mir hat es jedoch sehr viel Spaß gemacht, meine Erlebnisse und auch einige meiner vielen Fotos hier festzuhalten.

Also vielen Dank und vielleicht auf ein weiteres Mal! :)