05Juli
2013

Planlos nach Südafrika

Flagge Südafrikas

Vierzehneinhalb Stunden Flug. Direkt von Sydney nach Johannesburg. Das muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen. Vierzehn Stunden, dreißig Minuten. Ich wusste bisher nicht einmal, dass es so lange Flüge überhaupt gibt. Man lernt eben nie aus.

Völlig gerädert kamen wir am frühen Nachmittag in Johannesburg, von den Einheimischen auch liebevoll Jo'burg genannt, an. Wir sind jetzt übrigens in der selben Zeitzone wie Deutschland (okay, nicht ganz, aber dank Sommerzeit ist keine Zeitverschiebung mehr vorhanden). Am Flughafen haben wir unser Auto für die nächsten vier Wochen eingesammelt. Das ist auch so eine Geschichte. Ja, wir sind nie die schnellsten, wenn es um die Buchung von Mietwagen geht, aber das war nie ein Problem. Dieses Mal sagte uns die Autovermietung ganz einfach per e-mail schon vorher, dass der Wagen, den wir haben wollten, nicht mehr da wäre. Die Alternative war dann einige hundert Euro teurer. Nett. Nein danke. Also haben wir kurz vor der Angst noch mal den Anbieter auf Thrifty gewechselt. Bisher waren wir mit Hertz oder auch Apollo ganz gut gefahren. Selbst billiger-mietwagen.de war ganz hilfreich, aber nun ja, was in einem Land gut funktioniert, muss leider nicht dasselbe im nächsten sein.

Mit Hilfe des Navis – dieses Mal eine Mrs. Garmin – ging es zum Hostel namens Diamond Diggers. Prinzipiell gibt es eine riesige Auswahl in Johannesburg, man muss also wissen, was man will. In unserem Fall hieß das nahe am Flughafen und vor allem in einer sicheren Gegend. Johannesburg hat trotz eindeutiger Verbesserungen in den letzten Jahren immer noch den Ruf einer der gefährlichsten Städte der Welt. Diamond Diggers ist im Vorort Kensington und den kann man durchaus als sicher bezeichnen. Es ist eine Wohngegend mit hohen Mauern und Zäunen sowie mehr als genug Stachel- oder auch Klingendraht. Das wiederum geht allerdings damit einher, dass an den Hostels, von denen es einige gibt, nicht dran steht, was sie sind. Man muss also mutig klingeln, um heraus zu finden, ob man wirklich richtig ist, da nichts auf eine Herberge hindeutet... Das ist ziemlich irritierend, vor allem, wenn man wie wir nicht vorgewarnt ist. Abgesehen davon ist Johannesburg so groß, dass die Adresse, die Diamond Diggers hat, in etwa dreimal vorkommt, was auch nicht hilfreich ist...

Es ging jedoch alles gut und mit viel Geduld beim Klingeln, ließ uns dann auch tatsächlich noch jemand rein. Das Hostel ist in einem schönen alten Wohnhaus untergebracht, mit entsprechender Einrichtung. Ja, es hat sicherlich bessere Zeiten gesehen, aber insgesamt war es echt toll. Hinzu kommt, dass Graham, der Inhaber, ein Quell der Informationen ist und auf jede gestellte und ungestellte Frage eine Antwort weiß.

Wir standen am nächsten Tag erst einmal vor dem Problem, was wir in Johannesburg machen sollten. Im Reiseführer steht seitenweise zur Stadt, aber nicht viel davon interessierte uns wirklich. Graham konnte helfen und schickte uns ins Apartheidmuseum. Erwartet habe ich persönlich nicht viel davon, aber es ist beeindruckend, wie viel Zeit man darin verbringen kann. Wir hatten mit zwei Stunden gerechnet und waren nach über vier wieder draußen. Und das, obwohl wir lange nicht alles gelesen hatten, was zur Verfügung stand. Eine derzeitige Ausstellung über Nelson Mandela hat es uns in dieser Hinsicht auch nicht einfacher gemacht.

Das ist auch ein Thema, dass uns in Johannesburg dank der Südafrikanischen Version der BILD Zeitung verfolgt hat. Jeden Tag hingen an den Laternenmasten die „Schlagzeilen“. Der Name Mandela war spätestens auf jedem zweiten davon. Wenn es also so etwas wie eine Königsfamilie in Südafrika gibt, dann sind es die Mandelas. Das bedeutet, dass alles durch die Presse gezogen wird, was geht. Dem einen oder anderen ist das auch einfach nur peinlich.

Nun ja, wir werden sehen, in wie weit das auch außerhalb von Johannesburg der Fall sein wird.

Blick auf das Zentrum von Johannesburg von Kensington aus Stadt soweit das Auge reicht

Den Rest des Tages haben wir dann mit dem weiteren Studium unseres Reiseführers (Footprint South Africa mit Namen) verbracht. Irgendwann muss man ja eine Idee davon bekommen, wo man in Südafrika eigentlich hin will, richtig? Das klingt so einfach. Für Australien haben wir das auch irgendwie geschafft, aber mit Südafrika ist das ein bisschen anders. Wir wissen, dass wir in die Drakensberge sowie in den Krüger Nationalpark wollen. Auch der Blyde River Canyon steht auf der Wunschliste, aber das ist auch schon alles. Keine Zeitplanung, kein gar nichts. Wir werden sehen, wie das wird.

Nach der zweiten Nacht haben wir einen weiteren von Grahams Tips in Angriff genommen: Collectors Treasury. Das ist gleich um die Ecke vom Diamond Diggers und Graham fährt seine Gäste auch gern hin, weil man es doch erst einmal übersehen kann, aber selbst mit der Info, dass es eine Fundgrube für Buchliebhaber ist, hatten wir keine Vorstellung davon, was uns erwartete. Von außen ist es eine Art Lagergebäude und wenn man den Eingang erreicht hat, dann stapeln sich schon die ersten Bücher auf der Treppe. Dann steht man vor einer vergitterten Tür und wird erst einmal gefragt, was man möchte. Das war ein bisschen irritierend, aber nicht weiter schlimm, denn schon ging die Tür ins Reich der Bücher auf.

Etwa zwei Millionen Bücher stapeln sich wohl sortiert in windschiefen Metall- und Holzregalen, einige in größeren Räumen, andere in verwinkelten Gängen. Wo der Platz schon lange nicht mehr ausreichte, türmen sich die Bücherstapel auf dem Boden, so dass treten zum Abenteuer wird. Man kann in allen Kategorien stöbern: Südafrikanische Geschichte, Biographien, Pflanzen- und Tierkunde, Medizin, Kochbücher, Romane, Lexika, die gesammelten Werke von Goethe, Schiller, Werder und und und. Letztere natürlich auch auf Deutsch. Von Kinderbüchern bis hin zu katalogdicken Büchern mit konkreten Anweisungen zum Frisieren für Damen und Herren inklusive Bildern vom Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts findet sich alles. Englisch, Afrikaans, Niederländisch, Deutsch, Französisch, Italienisch. Aktuelle Bücher von "Die Tribute von Panem" bis hin zu zweihundert Jahre alten, massiven in Leder gebundene Nachschlagewerke oder auch Erstausgaben von Sir Arthur Conan Doyles "Sherlock Holmes". Wer suchet, der findet und wer weiß, was er will, der kann auch die Inhaber fragen, denn die wissen ganz genau, was sie haben und wo es steht. Es ist alles zu verkaufen, überall steht ein Preis drin und von 40 Cent bis hin zu mehreren tausend Euros ist auch alles vertreten.

Die Inhaber sind seit vierzig Jahren im Geschäft und kaufen nur lokal ein. Sammlungen, die aufgelöst werden, Flohmärkte, Nachlässe, einfach alles. Mittlerweile kaufen sie auch Bücher zurück, die sie vor vierzig Jahren verkauft haben. Es macht jedenfalls unglaublich viel Spaß zu stöbern, weil man es ganz ungestört machen kann. Wer also Bücher mag, der kann locker über zwei Stunden zwischen den Regalen zubringen. Ach ja, die Schallplattensammlung ist natürlich auch nicht zu verachten, aber dazu weiß ich weniger zu erzählen, weil ich dafür leider keine Begeisterung habe. :)

Die Treppe zum Reich der Bücher Und los geht's! Regale über Regale mit Büchern Schallplatten gibt''s auch

Nach diesem Ausflug in die Welt der Bücher ging es noch kurz (oder auch länger) einkaufen, da wir uns ein bisschen ausstatten mussten. Vier Wochen sind eine lange Zeit und spätestens gen Norden wird es sicherlich auch wärmer. Folglich brauchten wir eine Kühlbox. Weiterhin haben wir uns die billigste Decke besorgt, die wir finden konnten, damit wir unsere Rucksäcke im Auto abdecken können. Wie meinte Graham? Man kann Sachen im Auto lassen, aber dann besser nicht offensichtlich. Man sollte einfach keine Gelegenheiten schaffen und etwas Abgedecktes ist weniger interessant als etwas frei herum Liegendes. Wer natürlich einen Kofferraum hat, der hat das Problem weniger. Da wir jedoch einen Nissan NP300 haben, gibt es so etwas wie einen Kofferraum nicht. :)

Nachdem wir endlich alles hatten – Johannesburg ist gesegnet mit riesigen Einkaufszentren – ging es los Richtung Südosten, genauer Richtung Bergville. Auch das ist ein Tipp von Graham, weil er von uns wusste, dass wir in die Drakensberge wollen. Wie gut der Hinweis ist, werden wir sehen. :)

Ein letzter Blick auf eine erstaunliche Sammlung :)