26März
2013

Einmal Dschungel und zurück

Die Verlorene Stadt

Das letzte Mal war ich gerade dabei, mich auf den Weg nach Santa Marta im Norden Kolumbiens auf zu machen. Das hat auch gut geklappt und ich bin im The Dreamer Hostel angekommen. Das war mal eine positive Überraschung! Wenn man mal von der Lage absieht (was hier aber wohl ein generelles Problem darstellt), ist es echt super! Swimming Pool, Bar, Duschen (kalt, aber bei über 30 Grad Celsius ist das nichts Schlechtes), …

Die erste Amtshandlung war, sich ein bisschen die Altstadt anzuschauen oder besser das historische Zentrum. Nun ja, wirklich was zu sehen gab es nicht. Ein paar Straßen, die nicht mal besonders toll aussehen, eine Kathedrale in Miniformat, wie jede andere auch und dann eine Einkaufsstraße, die schon wieder Basarflair hat. Immerhin, da konnte ich versuchen, Sandaletten zu finden und die Frau aus dem ersten Laden war auch sehr engagiert, denn als wir bei ihr nichts Passendes gefunden hatten, ist sie mit mir noch in jeden weiteren Laden, der ihr eingefallen ist. Das Ende vom Lied war, dass die 37 wohl doch nicht so häufig vorkommt, ich die aber in Trekkingsandalen brauche. In einem Kinderschuhladen bin ich dann fündig geworden – wenn auch in zwei unterschiedlichen Größen, weil irgendjemand schlaues die anderen zwei als Paar verkauft hat. Ich hab mich über den Rabatt gefreut. ;)

Blick auf den Strand von Santa Marta Kolonialstiläuser in der Altstadt Die Kathedrale

Ansonsten sollte ich vielleicht erwähnen, dass Busfahren in etwa so interessant wie verwirrend ist. Man steht an der Straße, winkt mutig einem Kleinbus und hofft, dass das Spanisch reicht um zu sagen, wo man hin will. Das heißt natürlich noch lange nicht, dass man weiß, wo man aussteigen muss, aber die Kolumbianer sind unglaublich hilfsbereit, was das angeht. Wenn man völlig verloren auf der Straße herumsteht, dann wird man auch schon mal angesprochen, ob man Hilfe mit den Bussen braucht. Fazit: Billig und witzig, aber nichts für schwache Nerven.

Die eigentliche Idee, warum es nach Santa Marta ging, war jedoch, dass ich die Verlorene Stadt, die Ciudad Perdida, sehen wollte. Da gibt es vier Organisationen, die das alle zum gleichen Preis anbieten, also kann man sich frei aussuchen, was einem gefällt. Es teilen sich eh immer zwei Organisationen die selben Camps. Ich bin mit MagicTour losgezogen, welche nicht schlecht sind, aber da ich auch die anderen kennengelernt habe, würde ich tendenziell eher Guias y Baquianos empfehlen, was aber daran liegt, dass der Guide Pedro unglaublich toll war. Er macht das ganze seit sage und schreibe 15 Jahren und hat ein unglaubliches Wissen. Und er hat die notwendige Ruhe, einen Haufen Reisender unter Kontrolle zu halten und trotzdem überall rechtzeitig anzukommen. Ja, Spanisch war ein bisschen die Voraussetzung um irgendwas zu verstehen, weil von den über 70 Guides von allen Organisationen nur vier überhaupt Englisch sprechen. Meist ist aber jemand in der Gruppe, der dann freiwillig Dolmetscher spielt – in unserem Fall ich, weil die zwei Esten kein Wort Spanisch konnten. Wir waren anfangs zu viert: Die zwei Esten, ein Brite und ich. Die Esten wollten die Tour in vier Tagen, ich in fünf und der Brite in sechs Tagen absolvieren. Klingt ein bisschen seltsam, scheint aber nicht ungewöhnlich zu sein, dass die Gruppen einfach munter zusammengewürfelt werden.

Was hieß das jetzt insgesamt? Am ersten Tag sollte ich 9:15 Uhr im Büro von MagicTour sein, weil ich die Hälfte meines Gepäcks dort aufbewahrt habe – kolumbianischer Zeitrechnung, wie ich später heraus fand. Anderthalb Stunden später ging es für den Briten und mich los. Unterwegs kamen die Esten dazu und die nächsten zwei Stunden ging es über einen Feldweg, der eher als Buckelpiste durchgehen würde in das verschlafene Touristennest Machete Pelao, welches davon lebt, Essen für die durchreisenden Touristen zu kochen.

Die Ausblicke belohnen für die Anstrengung Die Esthen Kathleen und Waido, der Brite Mike und ich Immer wieder schön

Von dort ging es zu Fuß los und etwa drei Stunden später kamen wir in Camp Nummer 1 an. Wir konnten uns glücklich schätzen, dass es bedeckt war, denn es ging nur bergauf und bei immer noch 30 Grad Celsius ist das kein Zuckerschlecken. Im Camp hieß es dann die Leute erst einmal alle kennenlernen und sich im Fluss abkühlen und waschen. Dann durfte man sich mit der Hängematte für die Nacht anfreunden, welche leider viel zu dicht hingen, so dass man beim Umdrehen immer wieder Bekanntschaft mit seinem Nachbarn machte. Der nächste Tag startete 5:30 Uhr – wie übrigens auch alle danach – damit man sich 6:30 Uhr auf die Piste begeben konnte. Theoretisch wären der Brite und ich nur bis Camp 2 gelaufen, aber die Guides hatten uns am Vorabend gefragt, ob wir nicht auch bis Camp 3 mitlaufen könnten, weil das die Organisation alles ein bisschen einfacher machen würde. Warum auch nicht, solange wir dann trotzdem unsere Originalzahl an Tagen unterwegs waren, hat uns das wenig gestört. Also ging es erst drei Stunden zu Camp 2 zum Mittagessen. Zwischendrin kamen wir an einem Indianerdorf vorbei, welches aber eher für Festlichkeiten als zum Leben genutzt wird. Folglich befanden sich nur zwei Familien dort, die Wache spielten.

Telefonzelle - Der letzte Punkt mit Empfang für die nächsten 3 Tage Lehm und Regen vertragen sich besonders gut Willkommen in der Sirra Nevada de Santa Marta Zeremoniendorf Kogijunge - erkennbar an der Tasche, Mädchen haben Ketten um den Hals Auch das sind alles Jungs

Am Nachmittag ging es dann noch mal vier Stunden zum letzten Camp. Soviel zum Thema, dass der erste Tag der schlimmste sei … Ich halte das ja für ein Gerücht, da auch die anderen Tage durchaus anspruchsvoll waren, aber ich muss zugeben, dass man sich mit der Zeit an die Temperatur und die Anstrengung gewöhnt hat. Da man zwischendurch die zurück laufenden Gruppen trifft, fragt man doch hin und wieder, was ei nen noch erwartet und wie die Ciudad Perdida so ist. Neben den Antworten darauf erhielten wir auch die Information, dass es Bettwanzen gäbe. Also haben wir um Hängematten gebeten, auch wenn es eigentlich Doppelstockbetten gab, um drin zu schlafen. Die Sache mit den Hängematten ist die: Sie können wirklich bequem sein, wenn man erst einmal herausgefunden hat, wie man darin schläft.Und wenn man weiß, wie viele Decken man braucht, um nachts nicht zu frieren.

Zur Abwechslung ging es über eine Brücke - sonst immer barfuß durch den Fluss So sieht das Ganze dann aus, wenn es keine Brücke gibt Ja, ich mag kitschige Wasserfälle

Tag drei begann dann etwas hektisch, weil man uns (den Briten und mich) nicht geweckt hatte. Alle anderen waren 19:30 Uhr schon ins Bett verschwunden, was der Brite und ich aber für nicht besonders schlau erachtet hatten. Nun ja, 6:00 Uhr haben uns dann die Esten geweckt und hurtig durfte das Frühstück herunter geschlungen werden. Dann Zeug packen, damit alles weggeschlossen werden konnte und man nur mit Antimückenzeug, Wasser und Fotoapparat bewaffnet in die Ciudad Perdida loszog. Ich hatte also schon keinen Bock mehr und hab dann unseren Guide gefragt, ob wir noch fünf Minuten hätten, als der Übersetzer der anderen Gruppe schon Stress gemacht hat. Ja ja, die fünf Minuten haben wir noch. Da wir bisher immer zeitversetzt in den Gruppen losgelaufen waren, fiel der Fehler erst auf, als der Brite noch einen Kaffee getrunken hat und dafür von dem Übersetzer zusammen gestaucht wurde, was ihm denn einfiele und ob er den Kaffee mit in die Verlorene Stadt nehmen wollte. Nun ja, unser Guide hatte Küchendienst und ist gar nicht mitgekommen … Echt fies, uns das nicht zu sagen.

Die Cidudad Perdida kündigt sich mit 1200 Stufen an, die 300 Höhenmeter umfassen (von 900m auf 1200m). Die allein sind schon faszinierend. Danach kommen ein paar Terrassen und Ringe, die ganz nett sind, bei denen man sich aber fragt, ob das wirklich schon alles war. Die Antwort ist nein. Das Gelände ist 18 Hektar groß, wovon aber nur 4 Hektar zugänglich sind. Hauptsächlich sind es Terrassen, auf denen mal die Holzhäuser der Bewohner standen. Immerhin haben mal 1200 Leute dort gelebt und gearbeitet. Damit ist Teyuna, die Verlorene Stadt, wohl die größte im Umkreis und auch die wichtigste gewesen. Die Tairona waren damals der vorherrschende Stamm. Von 700 bis ins 15. Jahrhundert hinein existierte die Stadt. Dann kamen die Spanier und wollten das Gold, was die Tairona auch in rauen Massen hatten, dank des Flusses Buritaka und einer Mine. Im ersten Anlauf waren die Spanier jedoch nicht erfolgreich, da sie an den vergifteten Pfeil- sowie Speerspitzen und der Kampfeslust der Indianer scheiterten. Sie kamen im zweiten Anlauf in friedlicher Absicht und handelten alles billige gegen Gold, insbesondere Spiegel, die die Indianer noch nie gesehen hatten. Mit den Spaniern kamen auch Schwarze, die Malaria und Gelbfieber mitbrachten. Das war von den Spaniern auch so beabsichtigt. Gegen diese Krankheiten hatte der Mammo, der Häuptling und Schamane, keine Heilmittel und so wurden 80% der Tairona ausgelöscht. Der Rest floh hoch in die Berge, war jedoch schon infiziert. Heute sind die Kogis die direkten Nachfahren der ausgestorbenen Tairona. 

Willkommen auf dem Weg nach oben Erste Terrassen der Ciudad Perdida Und mehr davon Die Treppe zum Lebens- und Regierungsbereich des Mammo Und oben angekommen Das Zentrum der Macht von Teyuna Unglaubliche Aussicht! Blick von oben auf die Hauptterrassen

Die Überreste der riesigen Stadt sind jedenfalls toll. Viele Treppen, unglaubliche Aussichten und schöne Terrassen und Ringe. Von der Natur ganz zu schweigen, weil man sich ja doch mitten im Dschungel befindet und wenn man nicht aufpasst, von jedem Moskito da angeknabbert wird. 

Da der Brite und ich ja schon am zweiten Tag bis ins Camp 3 mitgelaufen waren und am dritten Tag die Stadt besichtigt hatten, konnten wir dann den Rest des Tages genießen. Es hieß dann Abschied von den Esten nehmen, da wir noch eine weitere Nacht dort blieben, um am vierten Tag mit der nächsten Gruppe nochmals in die Verlorene Stadt zu gehen. Das hatte auch durchaus was für sich, denn dann hat man die Gelegenheit viele Details, die man vorher nicht gesehen hat, zu bestaunen und ein bisschen unabhängiger vom Guide zu sein, der ja wieder ähnliche Sachen wie am Vortag erzählt.

Auf solchen Wegen macht Wandern Spaß Die Wege in der Ciudad Perdida Und noch mehr Verlorene Stadt Weil's so schön ist, gleich noch mal

Nach den drei Stunden in der Ciudad Perdida ging es dann zum Camp 3 zurück, Sachen schnappen und los zu Camp 2, wo dieses mal die Nacht tatsächlich in Betten verbracht wurde. Von dort ging es dann am letzten Tag für mich zum Ausgangspunkt in Machete Pelao zurück und der Brite wanderte nur bis Camp 2. Also hieß es hier auch vom letzten Mitreisenden Abschied nehmen und mit der Gruppe einer anderen Organisation zurück laufen. Wir waren für unsere Verhältnisse unglaublich schnell. Schon 12:30 Uhr waren wir zurück.

Tja, wie sich herausstellte, war eine Gruppe von MagicTour, die die Wanderung in vier Tagen absolviert hatte, allerdings schon um 11 Uhr eingetroffen und wartete nur noch auf mich ... Ich durfte also gehetzt mein Essen runterschlingen und zwischen Tür und Angel Tschüß zu den anderen Reisenden sowie Pedro, dem Guide, sagen. Das war definitiv ein weiterer Minuspunkt für MagicTour. Man hätte mir ja einfach sagen können, dass es von denen eine Gruppe gab, dann wäre ich bei denen mitgelaufen. Nun ja, hilft alles nichts.

Letztlich war es eine unglaubliche Tour und ich würde sie jedem empfehlen. Das Essen ist spitze, die Unterkünfte okay, die Bademöglichkeiten traumhaft und die Leute, die man trifft echt witzig. Die Streitereien, wie man nun Mord in Palermo spielt und welche Version von Shithead oder Arschlosch gerade die aktuelle ist, sind ohne gleichen. :) Abgesehen davon ist es faszinierend, wie man es schafft, fünf Tage in den selben Klamotten rumzulaufen, die jeden Tag zu waschen und am nächsten Tag noch feucht wieder anzuziehen. Neue Klamotten einzusauen lohnte sich nicht wirklich, denn es dauerte eh nur fünf Minuten und man war wieder bis auf die Knochen durchgeschwitzt. Trotz allem hatten wir unglaubliches Glück, was das Wetter anging. Es war meist bedeckt, hat nur nachts geregnet und der einzige sonnige Tag war eigentlich der letzte.

Also, wer schöne Natur, Wandern, die ein oder andere Flussdurchquerung, Schlafen in Hängematten, Baden im Fluss und eine tolle Ruinenstadt mit faszinierender Geschichte zu schätzen weiß, für den ist die Ciudad Perdida eindeutig was. Jeder, der dort war, erzählt nur Gutes.

Ein letztes mal ein toller Blick auf die Sierra Nevada